Kinderarbeit?

Kinderarbeit in der Teppichproduktion

KinderarbeitWer über handgeknüpfte Teppiche nachdenkt, dem kommen vor allem Begriffe wie Kultur, Kunst, Orient und Bazar in den Sinn. Damit verbunden sind häufig Wünsche und Traumvorstellungen, die etwas mit „Fliegenden Teppichen“ und Geschichten aus „Tausend und eine Nacht“, mit „Orient und Okzident“ zu tun haben. Wahrlich spannende, reizvolle Vorstellungen – aber leider ist auch die Welt der Teppiche heute nur noch selten so märchenhaft und sagenumwoben. Der Teppichhandel ist ein knallhartes Geschäft – und leider oft genug rücksichtslose Geschäftemacherei, unter der die Schwachen leiden, Arme, Kranke und vor allem viele Kinder.

Anfang der 90er Jahre wurden in Indien, Nepal und Pakistan viele Fälle von Kinderarbeit in der Teppichproduktion bekannt, die dann auch durch die Medien in den Konsumentenländern gingen. Forderungen nach Bekämpfung dieser Kinderarbeit wurden laut, es kam zu Protesten und dem Ruf nach Boykotten. Letzteres wäre aber sicher kein adäquates Mittel gewesen, den betroffenen Menschen zu helfen. Von sozial engagierten Teppichimporteuren wurde die Organisation Care & Fair gegründet, um in diesen Ländern durch den Bau von Schulen und die Einrichtung einer medizinischen Grundversorgung zu helfen. Und zwar dort, wo die Not am größten war: Im Teppichgürtel von Uttar Pradesh, in der Region um Bhadohi, im Kathmandu-Tal und in Lahore, dem Teppichzentrum von Pakistan. Diese Hilfsprojekte sollten und sollen nicht westliche Vorstellungen exportieren – sie orientieren sich an den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung, werden von ihr vorgeschlagen und mit entwickelt.

Laut Schätzungen der International Labour Organization (kurz: ILO; übersetzt: internationale Arbeitsorganisation) müssen noch heute weltweit 250 Millionen Kinder in den unterschiedlichsten Industrien arbeiten. Wie viele es in der Teppichindustrie sind, ist nicht genau bekannt. Aber jedes Einzelne ist eines zu viel. Besonders die illegale Kinderarbeit muss allgemein geächtet und bekämpft werden. Kinder haben ein Recht auf eine Kindheit ohne ausbeuterische Arbeit, sie brauchen eine Schulbildung, um eine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben zu haben.

Es ist übrigens einer Werbeaktion eines Teppichhändlers Mitte der 80er Jahre zu verdanken, dass viele Verbraucher noch heute an den Mythos der sogenannten „Nimble fingers“ glauben: den flinken, kleinen, geschickten Fingern von Kindern, die angeblich in der Lage sein sollen, Teppiche schneller und feiner zu knüpfen, als die Hände erwachsener Knüpfer. Die Wahrheit ist, dass Untersuchungen aus Indien zeigen, dass die Leistung von Kinderknüpfern im Vergleich weit hinter den Ergebnissen Erwachsener zurückbleibt – und das in allen Qualitätsbereichen (Erwachsene.: 77,4%, Kinder: 22,6%). Über den Erfolg der Werbeaktion wissen wir nichts, aber nachhaltiger hätte er seine Werbebotschaft kaum wählen können, denn die Story lebt bis heute hartnäckig in den Köpfen vieler Verbraucher weiter.

Wie genau sich Care & Fair gegen Kinderarbeit in der Teppichbranche einsetzt lesen Sie hier.